Apfelschorf

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Apfelschorf
Venturia inaequalis
(Cooke) G. Winter, 1875
Synonyme
Sphaerella inaequalis, weitere Synonyme
Schorf Apfel Blatt.jpg
Apfelschorf
Systematik
Abteilung Schlauchpilze
Ascomycota
Unterabteilung Echte Schlauchpilze
Pezizomycotina
Klasse Dothideomycetes
Unterklasse Pleosporomycetidae
Ordnung Pleosporales
Familie Venturiaceae
Gattung Venturia
Hauptfruchtform Venturia inaequalis
Nebenfruchtform Fusicladium pomi

Der Apfelschorf (Venturia inaequalis) ist die weltweit bedeutendste Kernobstkrankheit.

Schadbild

Im Frühjahr treten auf den Blättern Flecken auf, welche sich vergrößern und zusammenfließen. Die Cutikula unter den Flecken ist zerstört und löst sich ab. Blätter, die stark befallen sind, sterben ab. Dies kann bis zur Verkahlung der Bäume im Sommer führen. Die Blätter werden auf der Ober- und der Unterseite befallen. Bei einem Frühbefall sind meist nur die Kelchblätter - verstärkt deren Spitzen - von den Flecken betroffen. Bei spätem Befall verteilen diese sich flächenförmig über das ganze Blatt. Grüne Knospenschuppen weisen gräuliche Flecken auf. Die Triebe mancher Sorten zeigen bei starkem Befall punktförmige Symptome, Pusteln (Zweiggrind). Eine Infektion wirkt sich negativ auf den Fruchtansatz aus. Schorf an Früchten äußert sich in samtartigen olivgrünen bis grauen Flecken auf der Fruchthaut mit verkorkten Stellen und deformierten Früchte. Frühzeitig befallene Früchte verkrüppeln, reißen auf oder fallen teilweise vor der Reife ab. Werden die Früchte später befallen, bleiben diese bis zur Ernte am Baum.

Im Sommer/Herbst äußert sich der Pilz, in diesem Fall als Spätschorf bezeichnet, in kleinen und meist punktförmigen schwarzen Befallstellen.

Wird die Frucht erst spät - ca. 6 Wochen vor der Ernte - befallen, wird der Pilz erst nach der Ernte sichtbar und nennt sich Lagerschorf.

Eine seltene Form des Triebbefalls ist der Triebbasisschorf. Er tritt in Form eines braunschwarzen, bis mehrere Zentimeter langen krustenartigem Überzug auf.

Biologie

Überwinterung

Der Apfelschorf überwintert saprophytisch im Falllaub und parasitisch am Baum. Die Überwinterung in Erwerbsanlagen kommt selten in Form von Zweiggrind oder Triebbasisschorf vor. Bäume mit starkem Spätbefall im Vorjahr weisen meist nur an den Triebspitzen oder den Knospen ein oberflächliches Myzel vor, den sogenannten "superfiziellen Zweigschorf".

Infektion

Im März, zur Zeit der Blütenbildung, kommt es zum Ascosporenausstoß und dadurch zur Infektion der Blätter. Die Intensität des Ascosporenausstoßes hängt von der Belichtungsstärke ab. Konidien werden jederzeit verbreitet.

Die Infektion der Blätter hängt von der Blattfeuchtedauer und der Termperatur ab, d.h. je höher die Temperatur (Optimum 17°C), desto kürzer kann die Blattbenetzung sein, damit eine Infektion stattfindet. Die Sporenreife findet von 0-25°C statt (siehe auch Apfelschorfprognose).

Wenn Ascosporen und Konidien auf grüne Pflanzenteile kommen, bildet sich bei zusagender Temperatur und Feuchte ein Keimschlauch aus. Die Infektion erfolgt, indem der Keimschlauch durch die Kutikula in die Organe eindringt. Anschließend bildet sich zwischen Kutikula und Epidermis ein Myzel. Je nach Temperatur beträgt die Inkubationszeit 8 bis 20 Tage. Ist diese vorbei, dringt der Pilz durch die Kutikula und bildet Konidien. Nun wird er als Schorffleck sichtbar. Der Ascosporenausstoß ist um die Blüte am stärksten und hält bis Mitte Juni/Anfang Juli an. Konidien werden zwar kontinuierlich neugebildet, jedoch nimmt die Menge zum Blattfall hin ab.

Für Schorfinfektionen ungefähr erforderliche Benetzungszeiten
Durchschnittstemp. (°C) Benetzungszeit (h)
0,5 - 2 48
3 39
4 33
5 26
6 21
7 17
8-9 15
10 14
11 12
12-13 11
14-15 10
16-24 9

Krankheitsverlauf

Der Krankheitsverlauf des Apfelschorfs ist sehr witterungsabhängig. Nur nasse Organe der Pflanze können infiziert werden. Die Länge der Benetzungszeit ist abhängig von der Temperatur, das tatsächliche Zustandekommen einer Infektion von der Sporendichte und der Anfälligkeit der einzelnen Sorten. Trocknen die Blätter aus, bevor die Infektion abgeschlossen ist, kann es zu einer Unterbrechung kommen. Entscheidend sind hierbei Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Sonne. Bei einer Luftfeuchtigkeit von über 90% ist eine Trockendauer von mindestens 16 Stunden erforderlich, um die Infektion zu unterbrechen. Bei weniger als 90% sind 12 Stunden und bei weniger als 70% sind nur 8-10 Stunden erforderlich. Bei der Berechnung von der Benetzungsdauer sind Trockenphasen abzuziehen. Fallen diese kürzer aus als angegeben, schreitet die Infektion fort, die keimenden Sporen sterben nicht ab.

Bekämpfung

Vorbeugend:
Ein Großteil der Bekämpfung von Apfelschorf ist die richtige Vorbeugung. Diese fängt bei der Wahl der Apfelsorten an. Empfehlenswert sind schorfresistente Sorten (siehe auch Resistenzzüchtungen beim Apfel). Die Bäume sollten mit genügend Abstand gepflanzt werden, sodass licht- und luftdurchlässige Baumreihen entstehen, was die Benetzungsdauer verkürzt. Um die Entstehung des Pilzes zu verhindern, sollte die Anlagerung von Falllaub reduziert werden, indem das Bodenleben gefördert und geschont wird. Durch Harnstoffspritzungen kann die Pseudothezienentwicklung reduziert werden. Ebenfalls von großer Bedeutung sind bedarfsgerechte Düngung und ausgewogene Schnittmaßnahmen. Dadurch kommt es zu einem rechtzeitigen Triebabschluss.

Direkte Bekämpfung:
Zur direkten Bekämpfung von Schorfkrankheiten sollten Blattnässeschreiber, Thermohygrographen oder Schorfwarngeräte eingesetzt werden. Diese funktionieren in Verbindung zu Computerprogrammen (siehe auch Apfelschorfprognose). Ebenfalls vorteilhaft ist der Einsatz von Kontaktfungiziden bei Knospenaufbruch, da die Benetzungsdauer von Blüten- und Blattorganen schwer zu erfassen ist. Hiermit wird auch eine frühzeitige Infektion durch Kondidien verhindert.

Bei niedrigen Temperaturen werden frühe Infektionsbedingungen oftmals unterschätzt. Lag im Vorjahr ein Spätschorfbefall vor, so besteht ein erhöhtes Risiko. Empfehlenswert ist der Einsatz von vorbeugend wirkenden und kurativen Fungiziden. Die kurative Wirkung muss der Wirkungsdauer des Mittels und des Pilzwachstums angepasst werden (bei niedrigen Temperaturen länger als bei hohen). Die vorbeugende Wirkung von Kontaktfungiziden beträgt - bei wüchsigen Bedingungen und hohem Sporenangebot - drei Tage. Bei niedrigen Temperaturen und einem somit zögerlichen Blatt- und Blütenzuwachs beträgt sie vier bis sieben Tage. Die Wirkungsdauer verkürzt sich bei zwischenzeitlichen Niederschlägen über 25 mm. Wenn der Ascosporenflug beendet ist und keine Symptome für eine Infektion aufgetreten sind, müssen die Spritzabstände vergrößert werden. Vorwiegend sollten nun Fungizide gegen Fruchtfäule- und Schorferkrankungen eingesetzt werden. Kann eine Schorferkrankung festgestellt werden, dürfen die Spritzabstände nicht über 14 Tage hinaus ausgedehnt werden.
Als Vorbeugung gegen die Entwicklung resistenter Stämme hat sich ein Wechsel von kurativen und vorbeugenden Fungiziden bewährt und ist deshalb unbedingt zu empfehlen.
Fungizide, die an einem speziellen Wirkort des Schorfpilzes eingreifen (z. B. Sterolbiosynthesehemmer, Anilinopyrimidine, Strobilurine, Guanidine), sind resistenzgefährdet und sollten deshalb dringend vermieden werden. Des weiteren sollte darauf geachtet werden, dass beim Einsatz von Mitteln der gleichen Wirkstoffgruppe das Risiko von Kreuzresistenzen besteht. Sie sollten daher nicht häufiger als empfohlen ausgebracht werden. Es ist empfehlenswert, auf Schorfprognosen (in Rheinland-Pfalz beispielsweise durch RIMpro) zu achten und spezifisch wirksame Tiefenfungizide nur in Perioden mit hohem Infektionsrisiko anzuwenden. Präventiv ist es sinnvoll, Schorfpilze vor Regenperioden mit Belagsfungiziden zu behandeln. Anilinopyrimidine und Triazol sollten immer zusammen mit einem Belagsfungizid ausgebracht werden.
Die Mittelmenge pro Hektar sollte der Kronenhöhe angepasst werden. Eine richtige Dosierung ist unbedingt erforderlich und sollte deshalb gut durchdacht sein. Bei sichtbarem Schorfbefall sollten nur noch Belagsfungizide angewendet werden.


Aktuelle Zulassungssituation für den Erwerbsanbau aus PS Info.

Aktuelle Zulassungsituation für den Hobbyanbau im Haus- und Kleingarten aus PS Info.

Quellen

  • Prof. Dr. Fritz Winter (2002): Lucas' Anleitung zum Obstbau. Verlag Eugen Ulmer. Stuttgart. ISBN 3-8001-5545-1
  • P.M. Kirk, P.F. Cannon, D.W. Minter and J.A. Stalpers CABI Europe - UK (Hrsg.) (2011): Ainsworth & Bisby's Dictionary Of The Fungi. 10. Auflage. CPI Group (UK) Ltd. Croydon. ISBN 978-1-84593-933-5

Weblinks

http://www.gartenakademie.rlp.de
http://de.wikipedia.org/wiki/Apfelschorf